Wenn man in der Lage ist, die Zunge zu kontrollieren, dann wird davon ausgegangen, dass man die volle Kontrolle über alle Sinne hat.

„Wenn man isst, gibt man allen Sinnen Energie und Aktivität, und wenn die Zunge unkontrolliert ist, werden alle Sinne auf die materielle Ebene der Existenz heruntergezogen. Deshalb muss man die Zunge unter allen Umständen kontrollieren. Wenn man fastet, dann werden alle anderen Sinne schwach und verlieren ihre Kraft. Die Zunge jedoch wird immer gieriger, köstliche Zubereitungen zu kosten, und wenn man schließlich der Zunge frönt, geraten alle Sinne schnell außer Kontrolle. Deshalb rät Śrīla Viśvanātha Cakravartī Ṭhākura, daß man mahā-prasādam, oder die Reste der Nahrung des Herrn, in mäßigem Maße zu sich nimmt. Da die Funktion der Zunge auch darin besteht, zu vibrieren, sollte man den glorreichen heiligen Namen des Höchsten Herrn vibrieren und die Ekstase des reinen Kṛṣṇa-Bewusstseins genießen. Wie es in der Bhagavad-gītā heißt, rasa-varjaṁ raso ‚py asya paraṁ dṛṣṭvā nivartate: nur durch den höheren Geschmack des Kṛṣṇa-Bewußtseins kann man den tödlichen niederen Geschmack aufgeben, der einen in materieller Knechtschaft gefangen hält.

Śrīla Bhaktisiddhānta Sarasvatī Ṭhākura sagt, daß man den Genuß des Kṛṣṇa-Bewußtseins nicht verstehen kann, solange die eigene Intelligenz materiell bedeckt ist. Bei dem Versuch, ohne Kṛṣṇa zu genießen, verläßt das Lebewesen die Wohnstätte des Höchsten Herrn, Vrajabhūmi genannt, und steigt in die materielle Welt hinab, wo es schnell die Kontrolle über seine Sinne verliert. Man wird besonders von der Zunge, dem Bauch und den Genitalien geplagt, die einen unerträglichen Druck auf die konditionierte Seele ausüben. Diese Begierden lassen jedoch nach, wenn man seine glückselige Beziehung zum Herrn wiederherstellt, der eigentlich das Reservoir aller Freuden ist. Wer dem Geschmack des Kṛṣṇa-Bewusstseins verhaftet ist, befolgt automatisch alle Regeln und Vorschriften des religiösen Lebens, weil er sich spontan zu viśuddha-sattva, dem Modus der reinen Güte, hingezogen fühlt. Ohne eine solche spontane Anziehungskraft ist man sicherlich durch das Drängen der materiellen Sinne verwirrt.

Schon das Anfangsstadium des hingebungsvollen Dienstes, sādhana-bhakti (regulierende Praxis) genannt, ist so mächtig, dass es einen auf die Plattform von anartha-nivṛtti bringt, wo man frei von unerwünschten sündigen Gewohnheiten wird und Befreiung vom Druck der Zunge, des Bauches und der Genitalien erfährt. So wird man von den Fesseln der materiellen Abhängigkeit befreit und kann nicht mehr von den Verlockungen der materiellen Energie betrogen werden. Wie es heißt, ist nicht alles Gold, was glänzt. In diesem Zusammenhang empfiehlt Śrīla Bhaktisiddhānta Sarasvatī Ṭhākura, das folgende Lied zu betrachten, das von seinem Vater, Śrīla Bhaktivinoda Ṭhākura, geschrieben wurde:

śarīra avidyā-jāl, jaḍendriya tāhe kāl, jīve phele viṣaya-sāgare
tā’ra madhye jihvā ati, lobhamay sudurmati, tā’ke jetā kaṭhina saṁsāre
kṛṣṇa baḍa dayāmay, karibāre jihvā jay, sva-prasādānna dila bhāi
sei annāmṛta pāo, rādhā-kṛṣṇa-guṇa gāo, preme ḍāko caitanya-nitāi

„O Herr, dieser materielle Körper ist ein Klumpen der Unwissenheit, und die Sinne sind ein Netz von Wegen zum Tod. Irgendwie sind wir in diesen Ozean des materiellen Sinnesgenusses gefallen, und von allen Sinnen ist die Zunge am gefräßigsten und unkontrollierbarsten; es ist sehr schwierig, die Zunge in dieser Welt zu besiegen. Aber Du, lieber Kṛṣṇa, bist sehr gütig zu uns und hast uns ein so schönes prasādam gegeben, um die Zunge zu kontrollieren. Nun nehmen wir dieses prasādam zu unserer vollen Zufriedenheit ein und verherrlichen Ihre Herrschaften Śrī Rādhā-Kṛṣṇa, und rufen in Liebe die Hilfe von Lord Caitanya und Lord Nityānanda an.“

Quelle: A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada (Ausgabe 2014), „Srimad Bhagavatam“, Elfter Canto, Kapitel 08 – Text 21.

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